„Mach es, Nürnberg. Geh an die versteinerten Plätze. Und mach es gut!“
Gerd Aufmkolk
Der 31. Architekturclub „Auf AEG“ in Nürnberg widmete sich am 19. Juni 2024 der Planung der dortigen Landesgartenschau im Jahre 2030.
Bereits der in Anlehnung an die skeptische Haltung der Nürnberger SPD bewusst provokant gewählte Titel „Blümchenschau oder Stadtlabor?“ ließ erahnen, dass es maßgeblich ist, die Bewohnerinnen und Bewohner der Stadt Nürnberg in die Vorbereitung der 2030 anstehenden Landesgartenschau einzubinden. So hatte im nahegelegenen Erlangen ein 2017 abgehaltener Bürgerentscheid dazu geführt, dass die diesjährige Landesgartenschau nicht dort, sondern in Kirchheim bei München stattfindet. Der 1980 in NeuUlm erstmals realisierten Landesgartenschau stehen zu ihrem 50jährigen Jubiläum einige hervorstechende Besonderheiten bevor. Und das nicht nur, weil Nürnberg deutlich größer ist als Städte wie Günzburg und Schrobenhausen, welche die Veranstaltung in den umliegenden Jahren 2029 und 2031 austragen werden. Sondern auch, weil die Bewerbung der Stadt Nürnberg mit einem von der bisherigen Praxis abweichenden dezentralen Konzept erfolgreich war.
Nach Grußworten des Vorsitzenden des Beirats des Treffpunkts Architektur für Ober- und Mittelfranken, Werner Brandl, sowie Prof. Johannes Kappler von der Hochschule München setzte sich in den Nürnberger Räumlichkeiten der Bayerischen Architektenkammer ein hochkarätig besetztes Podium mit der geplanten Veranstaltungsform auseinander. Es diskutierten Ursula Hochrein, Geschäftsführerin der Münchner lohrer.hochrein landschaftsarchitekten und stadtplaner gmbh, Martin Rein-Cano, Geschäftsführer der TOPOTEK 1 Gesellschaft von Landschaftsarchitekten mbH aus Berlin, sowie der Geschäftsführer der Landesgartenschau Nürnberg 2030 GmbH, Andreas Wissen.
Moderiert wurde die Debatte der allesamt gartenschauerfahrenen Expertinnen und Experten von Prof. Gerd Aufmkolk. Dieser legte zu Beginn drei Säulen für das Gelingen der Nürnberger Landesgartenschau dar. Um überzeugend zu sein, müsse sie eine festivalähnliche Form haben, dem Gartenbaugewerbe eine Plattform schaffen und außerdem eine deutlich spürbare Aufwertung der städtischen Grünanlagen nach sich ziehen.
Wie Andreas Wissen betonte, zeigt Nürnberg die Herausforderungen einer stark versiegelten mittelalterlichen Stadtstruktur exemplarisch auf, ein Problem, das nur begrenzt durch das Format der Landesgartenschau allein zu beheben sei. Entsprechend präsentierte er das Festival als Impulsgeber für den bereits laufenden städtischen „Masterplan Freiraum“, der auf Klimafolgen reagiert und sich die Transformation des öffentlichen Raumes zur Aufgabe macht. Als seine oberste Priorität nannte Wissen, nachhaltige städtebauliche Veränderungen zu bewirken, die über den Zeitraum der Landesgartenschau hinaus Bestand haben.
Bei den unter Bürgerbeteiligung ausgewählten, anlässlich der Landesgartenschau zu verändernden Flächen handelt es sich neben dem Stadtgraben um bislang weitgehend betonierte Plätze der Innenstadt wie die Grasersgasse oder den Theresienplatz. Andere Stellen, etwa der Äußere Laufer Platz, sollen vorübergehend experimentell begrünt werden. Dazu gesellen sich Projekte außerhalb der Altstadt, beispielsweise der „Johannis-Boulevard“ im Westen Nürnbergs. Die in der Pegnitz gelegene Insel Schütt ist nach derzeitigem Planungsstand für die Errichtung einer zentralen Bühne vorgesehen. Für die einzelnen Segmente stehen verschiedene Verfahren an, die im September des Jahres mit einem europaweiten Wettbewerb zur Gestaltung des Stadtgrabens beginnen werden.
Einigkeit bestand auf dem Podium darüber, dass die Vernetzung der kaum zusammenhängenden Areale anspruchsvoll sei, das Gelingen jedoch einen hohen Ertrag haben dürfte. Ursula Hochrein erhoffte sich von der Landesgartenschau eine zivilgesellschaftliche Aufbruchstimmung, die nach außen auf andere Gemeinden ausstrahlt. Martin Rein-Cano hingegen erachtete die bisherige Konzeption in Teilen als Übernahme bereits etablierter Aufgaben der Stadtentwicklung und wies auf die traditionelle Funktion von Gartenschauen hin, innerstädtische Freiflächen für die Allgemeinheit zu sichern. Entsprechend wandte er ein, dass ökologische Maßnahmen stets auf ihren Nutzen überprüft und mit sozialen Anliegen und solchen des kulturellen Erbes austariert werden sollten.
Aus dem gut 80-köpfigen Publikum kamen zahlreiche engagierte Wortmeldungen. Den stärksten Widerhall fand der Vorschlag, die Jugend durch die Schaffung von Schulgärten explizit in die Planung mit einzubeziehen. Die rege Beteiligung am Format des Treffpunkts Architektur für Ober- und Mittelfranken der Bayerischen Architektenkammer zeigt jedenfalls, dass in Nürnberg Interesse an verschiedenen Formen der kritischen Partizipation vorhanden ist. Der Stadt bleibt zu wünschen, dass die Abschlussworte Gerd Aufmkolks Realität werden mögen: „Mach es, Nürnberg. Geh an die versteinerten Plätze. Und mach es gut!“
Text: Manuel Kögelmaier